Nach Teil A Nr. 3 d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist es bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Diese Regelung ist so auszulegen, dass Leiden, die mit einem GdB von "gerade eben" 20, also einem "schwachen" GdB von 20 bewertet werden, grundsätzlich nicht in die Gesamt-GdB-Bildung einfließen.
Leiden, die mit einem "mittleren" oder "hohen" GdB von 20 bewertet werden, sind dann geeignet, das Gesamtmaß der Beeinträchtigung zu erhöhen, wenn sie unabhängig nebeneinander und neben der Hauptbeeinträchtigung stehen oder sich untereinander oder mit dem Hauptleiden verstärken bzw. besonders nachteilig aufeinander auswirken. Sie sind hingegen dann nicht zu bewerten, wenn sich in den Auswirkungen im täglichen Leben Überschneidungen ergeben (vgl. Teil A Nr. 3 d VMG).
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat
In Konstellationen zweier führender Einzel-GdB von 30, bei denen die diesen Werten jeweils zugrundeliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in ihren Auswirkungen voneinander völlig unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ist die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft nicht nur in begründeten besonderen Fällen, sondern im Regelfall möglich, eine Gesamtabwägung führt in derartigen Konstellationen im Einzelfall häufiger zur Annahme eines GdB von 50 und damit der Schwerbehinderteneigenschaft.
Gesamt-GdB 50 bei zwei Einzel-GdB 30 für chronisch-entzündliches Darmleiden und Lungenfunktionseinschränkung
SG Aurich 4. Kammer
04.05.2022
S 4 SB 154/21
Aus Einzel-GdB von 40 und 10 folgt in aller Regel ein Gesamt-GdB von 40, aus Einzel-GdB von 40 und 20 ein Gesamt-GdB von regelmäßig 40 und nur ausnahmsweise von 50 und aus Einzel-GdB von 40 und 30 in aller Regel ein Gesamt-GdB von 50.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
06.01.2020
L 11 SB 177/17
Die nach A 2e Satz 2 VMG vorgeschriebene zusammengefasste Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen in einem Funktionssystem verbietet es, die hierunter fallenden Behinderungen jeweils mit einem Einzel-GdB im Sinne von A 3a Satz 1 Halbsatz 1 VMG zu bewerten. Vielmehr ist für das gesamte Funktionssystem – hier „Gehirn einschließlich Psyche“ – ein einziger Einzel-GdB zu bestimmen. Zur Bestimmung dieses Einzel-GdB ist in analoger Anwendung des A 3c VMG für das jeweilige Funktionssystem in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einsatz-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung in diesem Funktionssystem zunimmt.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
20.12.2018
L 13 SB 303/16
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
19.05.2022
L 3 SB 7/19
Im ersten Schritt sind die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s § 2 Abs 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festzustellen.
Im zweiten Schritt sind diese dann den in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze"
Im dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (Teil A Nr 3 Buchst c VMG) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VMG feste Grade angegeben sind (Teil A Nr 3 Buchst b VMG).
BSG 9. Senat
  16.12.2021
  B 9 SB 6/19 R
Bemessung des Gesamt-Grades der Behinderung bei GdB 50 für psychische Erkrankung und Vorliegen von weiteren Beeinträchtigungen.
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
  19.05.2022
  L 3 SB 7/19
Ohne die Möglichkeit einer solchen Zuordnung ist die Gesundheitsstörung aber nicht per se von einer Feststellung ausgeschlossen.
Eine Vorgabe, dass Beeinträchtigungen aus rechtlichen Gründen deshalb nicht berücksichtigt werden dürfen, weil ein entsprechendes morphologisches Korrelat nicht festgestellt werden konnte, enthalten die VMG nicht.
Ohne eindeutigen Anknüpfungspunkt ist der GdB in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen. Dieser Vergleich mit Gesundheitsstörungen, zu denen in der Tabelle feste GdS-Werte angegeben sind, findet sich in VMG als taugliches Instrument zur Bemessung des Gesamt GdB (vgl. Teil B Nr. 1 Buchstabe b VMG zu Gesundheitsstörungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind; vgl. auch Teil A Nr. 4 Buchstabe a VMG oder Teil B Nr. 33 2. Absatz VMG).
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 1. Senat  07.10.2020    L 1 SB 381/17  Aus einem Einzelgrad der Behinderung von 20 für einen Wirbelsäulenschaden, einem weiteren Einzelgrad der Behinderung von 20 für Fußdeformitäten sowie einem dritten Einzelgrad der Behinderung von 20 für eine seelische Störung kann ein Gesamt-Grad der Behinderung von 40 gebildet werden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   25.10.2007    L 11 SB 7/03-26Ein Beispiel für einen solchen "schwachen" GdB von 20 ist etwe eine hochfrequenzbetonte Innenohrschwerhörigkeit, die ausweislich des in Ton- und Sprachaudiogrammen ermittelten Hörverlustes unter Berücksichtigung der in den VMG abgedruckten maßgeblichen Tabellen (VMG, Teil A, B. 5.2) lediglich mit einem Einzel-GdB von 15 (aufgerundet 20) zu bewerten ist.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat   26.04.2010    L 6 SB 187/09Maßgeblich für die Beurteilung des GdB im Schwerbehindertenrecht ist vorrangig nicht die Diagnose einer Erkrankung. Zwar ist auch diese ärztliche Beurteilung der Gesundheits- und Funktionsstörungen sowie deren Auswirkungen in Beruf, Arbeit und Gesellschaft wichtige Grundlage für die richterliche Bewertung. Die Bezeichnung regelwidriger Zustände mit medizinischen Diagnosen dient jedoch nur der Begründung des den GdB festlegenden Verwaltungsakts, enthält allerdings keine Aussage über die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen. Der GdB ist deshalb im Kern ein "rechtlicher Begriff" (BSG Urteile vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R = BSGE 91, 205, m.w.N.; und vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 = BSGE 67, 204-211), die Bewertung des GdB damit vorrangig Aufgabe des Gerichtes (BSG Urteile vom 09.03.1988 - 9/9a RVs 14/86 = SozSich 1988, 381 und vom 05.05.1993 - 9/9a RVs 2/92 = SozR 3- 3870 § 4 SchwbG Nr. 5).
Soweit Sachverständige eigene GdB-Werte angeben, handelt es sich um für das Gericht unverbindliche Vorschläge (Urteil des LSG-Rheinland-Pfalz vom 22.05.1996 - L 4 Vs 129/95, Behindertenrecht 1996, 167 ff.; ebenso Urteil des LSG NRW vom 26.02.1998 - L 7 Vs 164/97, mwN).
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
22.05.2014
L 7 SB 70/08
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern 3. Senat
29.10.2020
L 3 SB 22/16